Mehr als ein Unverpackt-Laden: „Müritz Unverpackt“ in Röbel ?>

Mehr als ein Unverpackt-Laden: „Müritz Unverpackt“ in Röbel

Unverpackt-Läden liegen im Trend – zumindest in den Großstädten. Dass verpackungsfreies Einkaufen auch in einer Kleinstadt funktionieren kann, zeigt Jungunternehmerin Annett Freese. Sie führt in  Röbel an der Müritz seit zweieinhalb Jahren ihren kleinen Laden „Müritz Unverpackt“.

In Hamburg, Berlin und vielen anderen Großstädten gibt es inzwischen Läden, die entweder komplett auf Verpackung verzichten oder zumindest einen Teil ihrer Waren unverpackt verkaufen. In kleineren Städten hingegen sucht man solche Angebote meist vergeblich. Aber nicht in Röbel. In dem 5200-Seelen-Städtchen an der Müritz eröffnete Annett Freese im April 2016 den ersten verpackungsfreien Laden Mecklenburg-Vorpommerns.

Schon lange zuvor träumte die ehemalige Büroangestellte von einem eigenen Laden, in dem sie ihre Idee von „regional, bio und gesund“ umsetzen konnte. Ein Fernsehbeitrag über die Gründerin des deutschlandweit ersten Unverpackt-Ladens in Kiel brachte sie schließlich auf die Idee. Sie besuchte einen Workshop zum Thema und plante dann „Müritz Unverpackt“.

Einkaufen bei Annett Freese ist ein sinnliches Erlebnis. Kaffeeduft umfängt die Kunden schon im kleinen Vorraum. Im Verkaufsraum selber kommen weitere Düfte dazu. Himbeersüß und lauchquichewürzig zieht es durch den Laden. An den Wänden stehen Regale, die gefüllt sind mit großen, kleinen und mittelgroßen Gläsern und anderen durchsichtigen Behältnisse. Darin werden Waren wie Nüsse, Linsen oder Reis gelagert. Bedarfsgerechtes Einkaufen ist hier Programm. Niemand muss mit einer 500-Gramm-Tüte Haferflocken nach Hause gehen, obwohl er eigentlich nur 350 Gramm benötigt. Annett Freese wiegt die von den Kunden mitgebrachten leeren Behälter ab und lässt dann per Hebelzug die Ware in den Behälter rieseln. Einkaufen ganz ohne Plastikmüll. Für Kunden, die keine eigenen Dosen dabei haben, liegen Notfall-Papiertüten breit.

Da Röbel hauptsächlich vom sommerlichen Tourismus lebt, war sich Annett Freese schon zu Beginn im Klaren darüber, dass sich ein reiner Unverpackt-Laden in dem kleinstädtischen Gefüge nicht würde halten können. Deshalb musste ein Kombi-Konzept her: ein Unverpackt-Laden, der gleichzeitig ein Café ist.

Annett Freese vor ihren Regalen
Die meisten Waren bei Annett Freese sind unverpackt. Manches aber wird auch in Gläsern verkauft – für Touristen mitunter praktischer.

Einheimische kaufen hier zwar auch, aber es sind noch nicht genug. Seinen Gesamtbedarf in einem der umliegenden Supermärkte zu decken ist einfach bequemer, als mehrere kleine Läden aufzusuchen. „In großen Städten laufen Unverpackt-Läden selbstverständlicher, weil dort Trends ja grundsätzlich schneller aufgenommen werden“, meint Annett Freese. Anfangs wollte sie eine Grundversorgung anbieten, hat aber nach einiger Zeit Obst und Gemüse aus dem Sortiment nehmen müssen. Es rechnete sich nicht. Jetzt gibt es in dem etwa 50-qm-Lädchen in erster Linie Müsli, Gewürze, Tee, Nüsse, Brot, aber auch festes Deo, Seifen und festes Shampoo. Außerdem: handwerkliche Produkte wie Frühstücksbrettchen oder Eierbecher aus regionalen Manufakturen.

Gleichzeitig läuft der Café-Betrieb mit täglich wechselnden hausgemachten Kuchen und kleinen Gerichten, von denen einige glutenfrei und vegan sind. „Was wir hier verkaufen, verarbeiten wir auch. So müssen wir weniger Waren wegwerfen und können gleichzeitig zeigen, was man alles machen kann. Dass es neben Spaghetti mit Tomatensauce eben auch noch anderes gibt wie beispielsweise Gerichte mit Quinoa oder Hirse“, sagt die Jungunternehmerin, die im Netz unermüdlich nach neuen Ideen für ihre Speisekarte sucht.

Hinterhof-Café von "Müritz Unverpackt"
Kuchen, Kaffee und Quiche gibt es nicht nur im Laden selber, sondern auch im wunderschönen Innenhof  – zumindest im Sommer.

„Wir müssen uns immer wieder neu anpassen, um dem Laden das Überleben zu sichern. Anfangs stand der Unverpackt-Verkauf im Vordergrund, inzwischen hat der Café-Betrieb an Bedeutung gewonnen“, erzählt Annett Freese. Zusätzlich lädt sie zum Brunch, zu Lesungen, Konzerten, zu Kochkursen mit und ohne Thermomix, bietet mit der Phytopraktikerin Bianca Zillmann Kräuterkurse an und hat zusätzlich eine Ernährungsberaterin an Bord.

Ob sich dieses 3-in-1-Modell und der damit verbundene Volldampf lohnt? „Ja, unbedingt“, meint Annett Freese. „Ich bekomme hier soviel positive Rückmeldung.“ Kein Wunder, denn der kleine Laden ist nicht nur ein Statement gegen den Verpackungswahnsinn, sondern auch eine Augenweide mit Tante-Emma-Charme und zudem ein tolles Café.

 

Eine ganz andere Art von Unverpackt-Laden findet ihr hier: Doppelt Unverpackt in Hamburg: „Stückgut“

6 thoughts on “Mehr als ein Unverpackt-Laden: „Müritz Unverpackt“ in Röbel

  1. Ein paar Wochen nach der Eröffnung war ich das erste Mal in dem Laden. Dort herrscht eine sehr nette Atmosphäre, die Lehmwände verbreiten ein angenehmes Klima und die Produkte schmeckten einfach nur köstlich. Ich freu mich, dass es den Laden immer noch gibt und werde bestimmt noch einmal im Urlaub dort hinfahren um den leckeren Kaffee und Kuchen zu genießen. Hoffentlich kann man das gesunde Essener-Brot auch noch dort kaufen. Weiterhin viel Erfolg!!!!

  2. Habe heute dort angerufen und feststellen müssen, dass es diesem Laden leider nicht mehr gibt. Auch in Rostock hat nach einem Jahr der Bio-Kogge zu gemacht. Schade.

  3. Inzwischen führt Annett Freese ein Cafe in der Feldsteinscheune von Bollewick. Absolut einen Besuch wert. Ausserhalb der Saison aber besser vorher anrufen.

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