Zero-Waste-Selbstversuch: 14 Tage müllfrei und nur ein bisschen Schummelei (1) ?>

Zero-Waste-Selbstversuch: 14 Tage müllfrei und nur ein bisschen Schummelei (1)

Leben, ohne dabei Müll zu produzieren!? Dass das möglich ist, haben Zero-Waste-Profis wie die Bloggerin Shia Su schon lange vorgemacht. Ich probiere es jetzt auch einmal und berichte über Hafer-Glibber im Kaffee, Roggenmehl im Haar und Stofftaschentücher in der Hosentasche. Ein zweiwöchiges Experiment.

Müllinseln in epochalem Ausmaß, mit Plastik gefüllte Fischbäuche und Mikroplastik im Trinkwasser: Unsere Erde vermüllt. 14 Tage will ich versuchen, es ein bisschen besser zu machen als bisher. Meine Familie bleibt außen vor, wie auch in dem Experiment „14 Tage Selbstversorgung und nur ein bisschen Schummelei“.

Für Obst und Gemüse nutze ich schon lange wiederverwendbare Netze, und unser Brot landet direkt in einer Tupperdose. Ein Blick in meine Abfallwirtschaft verrät, dass mein Müllaufkommen sich auf Hafermilch-Tetra-Packs, Einweg-Gläser für gekochte Kidneybohnen, Kichererbsen und Co., Plastikverpackungen für Brotaufstriche und für Produkte wie Hirse und Reis konzentriert. Außerdem natürlich hier noch was und da noch was und oben drauf – aber deutlich abgeschlagen – kommt der Badezimmer- sowie der Putz-und-Waschmüll.

Das Problem mit der Hafermilch

Das muss doch alles grüner gehen! Als Veganerin gilt mein Hauptinteresse zu Beginn des Projektes der Hafermilch, die es unverpackt nicht zu kaufen gibt. Also muss ich selber produzieren. Im Netz wimmelt es von Herstellungsvarianten. Irritiert hat mich dabei, dass die Rezepte meistens Süßungsmittel wie Datteln oder Sirup enthalten. Nach meinem ersten Hafermilchproduktions-Versuch wusste ich warum. Meine selbst gemachte Hafermilch aus Feinblatt-Haferflocken ohne Zusatz von Süße schmeckt lange nicht so süß wie gekaufte Hafermilch. Ich habe mal etwas genauer hingesehen: Meine Haferflocken haben einen Kohlenhydratgehalt von 59% bei einem Zuckeranteil von 1,1 %. Die gekaufte Hafermilch – obwohl ihr kein Zucker zugesetzt ist – hat bei einem Kohlenhydratgehalt von 6% einen Zuckeranteil von 5,2%. Dieses seltsame Verhältnis kann eigentlich nur bedeuten, dass die Haferflocken für die Hafermilch so bearbeitet werden, dass der Stärkeanteil der Kohlenhydrate irgendwie zu Zucker abbaut wird. Der zweite Aspekt, der mich zum Schaudern brachte, war die Schleimigkeit meiner selbst produzierten Hafermilch. Direkt nach der Herstellung tropfte sie glibberig aus der Flasche, ein paar Stunden später hatte sie eine gelartige Konsistenz. Und das im Kaffee?

Alnatura kennt ’nen Trick

Alnatura hat mir dazu verraten: „Hafer zählt aufgrund seiner natürlichen Zusammensetzung zu den Getreiden, die beim Kochen schleimen. In der Haferdrink-Produktion werden Enzyme eingesetzt (natürlich ohne Verwendung von Gentechnik). Sie spalten die Hafer-Stärke in Malzzucker, Traubenzucker und andere Komponenten, die die natürliche Süße ausmachen. Daher schmeckt unser Haferdrink anders als selbstgemachter und die Konsistenz wird nicht schleimig.“

Während ich gerade meinen dritten Produktionsversuch, diesmal ohne kochen, gestartet habe, musste ich für meinen Kaffee zur Tetra-Pack-Hafermilch greifen.

Erkenntnisgewinn nach viereinhalb Stunden unverpackt leben

1. Man macht mehr Müll als man denkt.

Schon in den ersten Stunden des Versuchs habe ich mehrfach  automatisch zur Küchenrolle gegriffen: zum Naseputzen und zum Wegwischen von verschütteter, selbst gemachter Hafermilch und übergelaufenem Kaffee. Wäre mir normalerweise nie aufgefallen. Aber es gibt Alternativen. Ein old fashioned „Snüffelstück“ wird helfen, genauso wie der konsequente Gebrauch von Küchenlappen. Ich erinnere mich noch, wie ich vor langer Zeit in der Mittelstufe einen Mitschüler hatte, der ganz selbstverständlich Stofftaschentücher nutzte. Ich fand das damals ziemlich befremdlich. Auf jeden Fall hat es nachhaltig Eindruck hinterlassen.

2. Es dauert!

Ich liebe Hummus. Bislang habe ich dafür Kichererbsen, Sesammus, Zitronensaft und Olivenöl verwendet – alles in Einweg-Glas verpackt. Dazu noch Salz, Pfeffer und scharfes Paprikapulver, ebenfalls verpackt. Die einzige unverpackte Zutat war der Knoblauch. In Unverpackt-Läden wie „Stückgut“ erhält man fast alle benötigten Zutaten müllfrei, nur die Zitrone habe ich woanders gekauft, und den Sesam habe ich statt als Mus in Kornform bekommen. Zum Herstellen von Hummus brauchte ich bisher etwa fünf Minuten. Nun brauche ich deutlich mehr als zwölf Stunden. Die Kichererbsen müssen nämlich vor dem 1-2 stündigen Kochen mindestens zwölf Stunden eingeweicht werden.

Unverpackt-Behälter
600 – 700 Produkte bietet der Hamburger Unverpackt-Laden „Stückgut“ seinen Kunden an.

Theoretisch könnte ich Handspülmittel, Waschmittel, Haarwaschmittel und anderes auch unverpackt kaufen. Als Seifenstücke, Pulver oder auch in der Flüssigvariante. Genauso gut kann man gleich aufs Selbermachen umsteigen. Dafür braucht es gar nicht so viele Zutaten wie man zunächst denkt. Mit Natron, Soda, Zitronensäure, Essig und Kernseife, alles verpackungsfrei erhältlich, kommt man schon ein gutes Stück weiter und spart dabei – nicht nur Müll. smarticular.net, das Ideenportal für ein einfaches und nachhaltiges Leben, bietet einen unerschöpflichen Pool an Möglichkeiten.

Alepposeife und Kernseife
Auch in Sachen Optik stehlen feste Seifen den herkömmlichen Flüssigseifen im Plastikspender die Show: Alepposeife und Kernseife – fast schon Kunst

Ich habe mich zuerst an Flüssigspülmittel gewagt, eine einfache Mischung aus geriebener Kernseife, Natron und Wasser. Auch das dauert, denn die Kernseifenflocken müssen sich im gekochten Wasser lösen. Mit dem Ergebnis bin ich aber zufrieden. Außerdem schon umgesetzt aus der DIY-Abteilung: Haare waschen ohne Shampoo. In dem Buch „Zero Waste – Weniger Müll ist das neue Grün“ von Shia Su habe ich die Roggenmehl-Methode entdeckt. Etwas Roggenmehl mit Wasser zu einer shampoo-ähnlichen Festigkeit vermischen und in den Haaren verteilen. Nach dem Auswaschen hilft eine so genannte „saure Rinse“. Das ist nichts weiter als Apfelessig mit Wasser verdünnt. Das hat viel besser geklappt als ich vermutet hätte und meine Tochter bestaunte hinterher meine weichen Haare. Trotzdem ist es ungewohnt, erst in die Küche zu gehen, um dann mit einem Schälchen Roggenmehl und einem mit Apfelessig im Badezimmer zu verschwinden. Aber das ist natürlich nur eine Frage der Logistik.

Ansprüche runterschrauben

Hanfsamen, Walnussöl, veganen Käse und einiges andere habe ich noch nicht unverpackt entdeckt. Aber muss das alles unbedingt sein? Vielleicht gilt es, in unserer Welt des Überflusses, mal die eigenen Ansprüche zu überdenken und sinnvolle Alternativen zu finden für die Dinge, die man so oft als selbstverständlich hinnimmt.

Ich bin gespannt wie das Experiment weitergeht, ob ich in Sachen Hafermilch die Produktionskurve kriege, wie mein selbstherzustellendes Waschmittel wirkt, wo ich in Müllfallen trete und wo ich einknicke. Ich werde berichten. . .

 

Die Fortsetzung des Experiments findet ihr hier.

3 thoughts on “Zero-Waste-Selbstversuch: 14 Tage müllfrei und nur ein bisschen Schummelei (1)

  1. Hey Katharina 😀 das klingt ganz spannend 😅 doch schön zu lesen 👍🏻 Falls wir dich unterstützen können, sehr gerne 😊 Zumindest mit Worten 👍🏻😀 Viel Spaß wünsche ich dir 😀
    Chantal Sinner
    Ich versuche meinen Beitrag zu einer müllfreien / -sparenden Zukunft in „Null offall Luxemburg“ weiter zu geben, wodurch sich immer mehr zum Mitmachen bewegen lassen. 🌳

  2. Sehr spannend, Katharina!
    Roggenmehlshampoo – ich bin beeindruckt. Ich nehme Seife, das klappt auch sehr gut.
    Habe neulich bei Stückgut neue Zahnputztabletten besorgt und dabei gar nicht darauf geachtet, wieviel ich eigentlich in mein großes Glas gefüllt habe. Ich habe jetzt genug Tabletten, um meine Zähne gefühlt ein Jahr zu putzen…;-)

    1. Hallo, die Zahnputztabletten habe ich auch ausprobiert. Ich finde die schmecken zwar sehr frisch, aber mich irritiert, dass sich kein Schaum bildet. Bin jetzt erstmal zu meiner klassischen Tubenzahnpasta zurückgekehrt. Was das Roggenmehl betrifft, bin ich noch immer dabei. Fühlt sich einfach gut an.

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