Zero-Waste-Selbstversuch: 14 Tage müllfrei und nur ein bisschen Schummelei (2) ?>

Zero-Waste-Selbstversuch: 14 Tage müllfrei und nur ein bisschen Schummelei (2)

Zwei Wochen leben, ohne Müll zu produzieren: ein eigentlich überschaubares Experiment, das sich als herausfordernd und gar nicht so leicht erwiesen hat. Nun sind die 14 Tage vorbei und ich freue mich auf meinen veganen Joghurt, den es leider nur verpackt zu kaufen gibt. Was das Experiment gebracht hat? Fünf Erkenntnisse und eine müllreduzierte Zukunft.

Eimer auf, Müll rein, Eimer zu. Würde man jedes Mal, wenn man etwas in die Tonne schmeißt, ein Strich auf eine Liste setzen, wäre man am Ende des Tages ziemlich überrascht. Schon kurz nach Beginn meines Versuchs ist mir aufgefallen, dass man viel mehr Müll macht, als man denkt. Auch wenn es nur Kleinigkeiten sind wie ein Stückchen Küchenpapier oder eine Müsliriegelverpackung.

Die gute Nachricht ist: Wenn man anfängt, einmal sehr genau darauf zu achten und nach Alternativen zu suchen, dann lässt sich das eigene Müllaufkommen deutlich reduzieren. Vieles ist leichter als man denkt, und ein komplett müllfreies Leben muss man sich ja nicht gleich zum Ziel setzen.

Müll, den wir in Zukunft nicht mehr machen

Brot, Obst und Gemüse haben wir schon vor dem Experiment unverpackt gekauft. Mit Stoffbeutelchen, Netzen oder Tupperdosen kein Problem. In Zukunft kaufen wir auch Produkte wie Haferflocken, Nüsse und Samen, Nudeln, rote Linsen und Reis im Unverpackt-Laden und sparen damit eine ganze Menge Plastiktüten. Hafermilch werden wir selber produzieren, was am Anfang eine ziemliche Herausforderung war. Inzwischen habe ich zwei Rezepte gefunden, mit denen ich zufrieden bin. Ein schnelles, unkompliziertes, aber nur mittelgutes Rezept und ein etwas aufwendigeres Rezept für Hafermilch-Gourmets, das ich vor ein paar Tagen vom Unverpackt-Laden „Stückgut“ in Hamburg bekommen habe.

selbst hergestellte Hafermilch in einer Flasche, ein Glas voll Hafermilch und Haferkörner in einem weiteren Glas
Wenn man erstmal ein für sich passendes Rezept gefunden hat, ist die Produktion von Hafermilch kein Problem mehr.

Joghurt stellt mich noch vor Probleme. Kuhmilchjoghurts gibt es immerhin auch im Pfandglas zu kaufen, vegane Joghurts hingegen nicht. Die habe ich noch nicht mal im Einwegglas entdeckt, sondern immer nur in Plastikbechern. Auch selber machen? Vielleicht einen Versuch wert! Und wenn dabei was kleckert, werde ich in Zukunft nicht mehr so schnell zur Küchenrolle greifen, sondern eher zum Lappen.

Das Haarewaschen mit Roggenmehl klappt weiterhin gut. Noch vor ein oder zwei Jahren hätte ich jeden, der seine Haare mit Roggenmehl wäscht, für völlig verrückt erklärt. Jetzt mache ich es selber und werde es auch weiterhin tun. Auch die festen Seifen zum Händewaschen und Duschen haben sich bewährt. Genauso wie mein selbst gemachtes Handspülmittel. Eigentlich wollte ich auch ein Flüssigwaschmittel selber  herstellen, bin dazu aber noch nicht gekommen.

Müll, den wir erstmal weiter machen

Ich will keine Hülsenfrüchte kochen! Das Einweichen und lange Kochen finde ich zu nervig und aufwendig, auch wenn sich unter Zugabe von Natron die Kochzeit verringern lässt. Zumindest in der näheren Zukunft werde ich Kichererbsen, Kidneybohnen und weiße Bohnen wieder im Glas kaufen. Auch einige andere Dinge werden verpackt bei uns auflaufen, wenn auch in geringeren Mengen. Schokolade und Süßies zum Beispiel, Kekse, Mehl, Zitronensaft, Öl, Essig, Brotaufstriche und Hanfsamen. Und auch die anderen Familienmitglieder haben noch ihre Wünsche, die nicht immer mit der müllfreien Idee übereinstimmen.

getrocknete Kidneybohnen und weiße Bohnen
Hübsch, aber ziemlich arbeitsintensiv: getrocknete Bohnen

Fünf Erkenntnisse rund ums müllfreie Leben

1.  Die Auswahl ist geringer

Wer Müll reduzieren möchte, kommt nicht darum herum, sich einzuschränken. Viele Produkte lassen sich gar nicht unverpackt kaufen. Besonders natürlich verarbeitete Produkte wie Fertiggerichte, Fertigsoßen und Brotaufstriche. Frischetheken halten zwar einiges bereit, was man in eigenen Behältnissen nach Hause tragen kann, aber bei weitem nicht so viel Verschiedenes wie verpackt in den Supermarktregalen liegt. Auch bei den unverarbeiteten Produkten ist die Auswahl schlanker. Während der Kunde in einem normalen Supermarkt zwischen etlichen Marken und Sorten von Haferflocken, Linsen, Nüssen und Co. auswählen kann, ist das unverpackte Angebot deutlich geringer. Für manch einen stellt diese geringe Auswahl allerdings keine Einschränkung dar, sondern sogar eine Entlastung, nicht selber wählen und gegebenenfalls recherchieren zu müssen.

2. Die Auswahl ist größer als man denkt, aber. . .

Als ich mein Müllfrei-Experiment gestartet habe, bin ich durch meine bevorzugten Einkaufsstraße gezogen und habe Läden besucht, die ich vorher gar nicht zur Kenntnis genommen hatte. Einen türkischen Laden beispielsweise und ein kleines Feinkostgeschäft. Dort gab es Cremes, Oliven, raffinierte Salate und vieles mehr, und die Verkäufer hätten mir – ich habe gefragt – ohne zu zögern alle meine Wünsche direkt in meine mitgebrachten Döschen gefüllt. Gekauft habe ich die Waren letztlich doch nicht, da sie keine Bioqualität hatten. Und da kommt die Einschränkung. Das reine Unverpackt-Angebot ist, wenn man sich die Mühe macht zu suchen, gar nicht so klein. Wer aber unverpackt und bio kaufen möchte, der muss sich mit einer kleineren Auswahl begnügen. Und ich will auch noch vegan. . .

3. Manches braucht mehr Zeit, Energie und Wasser

Im 1. Teil der Mini-Serie habe ich es schon erwähnt: Es dauert! Bohnen einweichen und kochen, Spülmittel herstellen, Roggenmehl zum Haare waschen anrühren und vieles andere benötigt erheblich mehr Zeit als zur verpackten Alternative zu greifen. Das müllfreie Leben braucht übrigens mitunter neben mehr Zeit auch mehr Energie und mehr Wasser. Ich sag nur: Hülsenfrüchte! Gründlich abspülen, einweichen, wieder gründlich abspülen und dann auch noch lange kochen. Ich bin mir gar nicht mehr so sicher, ob das im Vergleich zu fertiggekochten Einweggläsern ökologisch wirklich besser ist. Das Herstellen von Spülmittel hingegen halte ich trotz des Energie- und Zeitaufwands für eine tolle Möglichkeit.

4. Neue Gewohnheiten helfen

Wer konventionell einkauft, braucht keine besondere Vorbereitung, denn Geld hat man meistens dabei. Obst, Käse und Brot landen verpackt auf dem Band an der Kasse und werden dann in Plastiktüten nach Haus gefahren. Beim unverpackten Einkaufen hingegen ist Planung unumgänglich, denn Dosen, Gläser, Netze oder Stoffbeutel müssen mitgebracht werden. Ich habe mir inzwischen angewöhnt, egal wo ich hingehe, immer ein paar Beutelchen auf Verdacht dabeizuhaben. Reine Gewohnheitssache.

5. Es funktioniert und macht Spaß

Ich werde zwar in Zukunft nicht Zero Waste leben, aber immerhin deutlich müllreduziert. Das klappt nämlich wirklich gut, wenn man am Anfang ein bisschen Zeit investiert und nach Alternativen sucht. Ganz schnell stellen sich neue Routinen ein. Außerdem macht es Spaß, die eigenen Müllberge schrumpfen zu sehen, immer neue Möglichkeiten zu entdecken und ein Gefühl von Unabhängigkeit zu erleben, wenn man Dinge wie Waschmittel plötzlich selber herstellen kann.

Ein Gespür für Müll

Als ich vor wenigen Tage am Bahnhof stand und in mein Veggie Flatbread biss, fiel mir plötzlich etwas auf. Ich hielt nicht nur Brot in der Hand, sondern auch eine Serviette und eine kleine Falttüte. Das Brot war schnell weg, der Müll aber bleibt.

—————————————

Den 1. Teil vom „Zero-Waste-Selbstversuch“ findet ihr hier.

2 thoughts on “Zero-Waste-Selbstversuch: 14 Tage müllfrei und nur ein bisschen Schummelei (2)

  1. Danke für den Bericht. Es war sehr interessant, dein Experiment mitzuerleben. Es ist unglaublich, wieviel Müll eine produziert und das obwohl ich fast alles selber koche.

    Die Sache mit der Hafermilch.. . Ich habe im Ausland oft meine Hafermilch selbst hergestellt, ganz ohne Schleim. Hier in HH wollte es mir nicht gelingen. Also, ich bin gespannt auf die Empfehlung von Stückgut!

    Hülsenfrüchte selber kochen – das ist gar nicht so anstrengend. Die kochen sich doch von selbst;-) Und der Geschmack ist einfach viel besser. Ich wollte es auch nicht wahrhaben, aber es hat mich überzeugt.
    Liebe Grüße!

    1. Hallo Kirstin, freut mich, dass du das Experiment verfolgt hast. Den Hülsenfrüchten werde ich vielleicht später nochmal eine Chance geben. Momentan bin ich damit beschäftigt, die ganzen anderen neuen Errungenschaften zu Gewohnheiten werden zu lassen. Wenn das geklappt hat und eine echte Routine entstanden ist, dann bin ich bereit für neue Herausforderungen. Auf Facebook haben mir ganz viele Leser in den unterschiedlichsten Gruppen auch mitgeteilt, dass sie Hülsenfrüchte wenig problematisch finden. Ich werde mal sehen. . .

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert