
Ackern in Appen – Gemüse und Geplauder auf dem Miet-Acker (1)
Wer seinem Gemüse beim Wachsen zusehen will und selbst keine geeignete Anbaufläche hat, der kann sich ein Ackerstückchen mieten. Zum Beispiel bei „Erntezeit“ auf dem Schäferhof in Appen. Wenige Kilometer nordwestlich von Hamburg stehen hier jedes Jahr von Mai bis Oktober etwa 120 Miet-Äcker bereit. In diesem Jahr sind wir als Familie erstmalig dabei und freuen uns auf neue Erfahrungen, nette Kontakte und ganz viel Gemüse.
Daniel steht auf seinem frisch bestellten Gartenstückchen in einer Treckerspur. Direkt hinter ihm sollen in den nächsten Wochen die Kartoffeln kommen. Vor ihm liegt das Möhrenbeet. Erfahrung im Garten hat er noch nicht: „Ich hoffe aber, dass Chloe hier mit einem grünen Daumen überrascht“, sagt er und bringt ein paar Steckzwiebeln halbtief in die Erde ein – mitten zwischen die Saatrillen im Möhrenbeet. Daniel und Chloe sind unsere Beetnachbarn zur Rechten und gehören genau wie wir zu den „jungen Hüpfern“, wie die Neu-Gärtner bei „Erntezeit“ genannt werden.

Warum wir jetzt „Erntezeitler“ sind
Unser eigener Reihenhausgarten im Hamburger Westen ist zu klein für den Gemüseanbau im familiensättigenden Stil. Bei uns im Garten wächst zwar einiges wie Stachel-, Him- oder Erdbeeren, aber stattliche Ernten sind hier nicht drin. Im vergangenen Jahr haben wir angefangen, unseren Garten nach den Ideen der Permakultur zu gestalten und haben dabei einiges ausprobiert. Mehr zu unserem Permakultur-Gärtchen findet ihr hier. Weil in unserem Garten zukünftig in erster Linie Kräuter, ganz viele bienenfreundliche Blumen und Beeren wachsen sollen, brauchen wir eine zusätzliche Anbaufläche für Gemüse. Also Miet-Acker. Im vergangenen Jahr waren wir schon einmal bei „Erntezeit“. Damals habe ich Lena besucht, um über sie und ihr Ackerstückchen für „Grüne Töne“ zu berichten. Lesen könnt ihr den Artikel hier. Heute scharen sich gut zwanzig Menschen um die „Erntezeit“-Mitarbeiterin, die neben einem Mustergarten steht und den „jungen Hüpfern“ eine gutgelaunte Einführung zuteil werden lässt. Lena ist schon das siebte Jahr in Folge dabei und gehört damit zu den „alten Hasen“. Und nun sind wir also selbst dabei. Wir – das sind mein Mann Markus, der schon als Fünfjähriger begeistert Möhren erntete, und unsere beiden Kinder, neun und elf Jahre alt.

Ackern auf 50 Quadratmetern
Ein Zahlenschloss sichert den Acker auf dem Schäferhof in Appen, auf dem die „Erntezeit“-Betreiber Jule und Henry Vickery jedes Jahr von Mai bis Oktober etwa 120 kleine Schollen vergeben. Der Durchschnittsgarten ist zwei Meter breit und 25 Meter lang. Wer größeren Gemüsehunger hat, der kann auch doppelt gärtnern. 175 Euro kostet der Standardgarten mit seinen 50 Quadratmetern pro Saison. Würde man die gleiche Menge Gemüse, die man erntet, im Bioladen kaufen, würde man vermutlich mindestens das Doppelte bezahlen. Ob sich das lohnt, lässt sich nur individuell beantworten. Wer eine einfache Kosten-Nutzen-Rechung aufstellt, in der auch Fahrten und Arbeitszeit eingerechnet werden, könnte ins Zweifeln kommen. Wer aber Spaß hat am Gärtnern, für den ist die Sache sicher ein Gewinn.

25 Gemüsesorten und alles ist bio
Wenn die Pächter Ende April oder Anfang Mai die Gärten übernehmen, ist schon viel geschehen auf dem Acker. „Erntezeit“ hat dann schon gepflügt, geeggt, gesät und teilweise gepflanzt. Damit das Ganze funktioniert, wird längs gesät und dann werden die Gartenstreifen quer eingeteilt. Jeder Garten wird mit 25 Gemüsesorten versorgt. Die Kartoffel Linda ist genauso dabei wie der Kürbis Red Kuri oder verschiedene Radieschen-, Buschbohnen-, Möhren- und Salatsorten. Ein kleiner Teil der Fläche bleibt in jedem Garten unbestellt. Hier können die Pächter nach eigenem Geschmack säen. Einzige Bedingung: Es muss bio sein, wie alles bei „Erntezeit“.

Wie man Anfänger erkennt
Ulla und Philipp, die ein paar Meter neben uns wirtschaften, gehören zu den alten Hasen auf dem Acker. Sie sind bereits zum neunten Mal dabei und wissen, was zu tun ist. Sie setzen ein paar mitgebrachte Zweige zu den Zuckererbsen, damit die demnächst klettern können. Ihr Beet mit den Stangenbohnen hingegen bleibt unberührt. Viele Gärtner in den Nachbargärten aber setzen auch hier schon ein paar Bambusstäbe in Grundschülergröße. „Viel zu niedrig“, urteilt Philipp, der aus Erfahrung weiß, dass die Stangenbohnen gut und gerne bis zu zwei Meter hoch werden. Er weist auf einen Garten, der in einiger Entfernung liegt und meint, dass die großen, oben zusammengebundenen Stützen dort, eindeutig besser seien.

In unserem Garten stehen auch ein paar kleine Bambusstäbe im Stangenbohnenbeet. So weisen sich Anfänger aus! Wir werden die Stäbe also beim nächsten Besuch auf dem Acker durch imposantere Stützen ersetzen. Außerdem werden wir beim nächsten Mal noch Grünkohl und ein paar Salate einpflanzen, die von „Erntezeit“ bereit gestellt werden. Und ziemlich sicher geht es dann auch mit dem Beikraut los. Nach allem, was ich auf dem Acker schon gesehen habe, ahne ich, dass die Quecke noch für viel Verdruss sorgen wird.

„Erntezeit“ im Internet: www.gaertnernmachtgluecklich.de
2 thoughts on “Ackern in Appen – Gemüse und Geplauder auf dem Miet-Acker (1)”
Sehr gut zu lesen und macht große Lust, die Finger selber in die Erde zu stecken!
Das freut mich. So soll es nämlich sein!