
Richtung Permakultur: Wie unser Selbstversorgergarten entsteht (1)
An einem Südhang gelegen, knapp 1100 Quadratmeter groß und nur wenig bewachsen: unser neues Grundstück in einem kleinen Dorf im Herzogtum Lauenburg. Hier soll ein essbarer Garten entstehen, der uns nach und nach zu Teil-Selbstversorgern macht. Wir starten mit klassischem, einjährigen Gemüse, planen aber schon Beeren, Wildobst, Nüsse, Obstbäume, mehrjährige Gemüse und Kräuter mit ein. Orientieren wollen wir uns an den Ideen der Permakultur.
Holunder, Haselnüsse, Salate, Tomaten und eine Sonnenfalle in Hanglage: Das ist der erste Plan für unser neues Grundstück, das wir Ende letzten Jahres gekauft haben. Hätte mir noch vor drei Jahren jemand vorgeschlagen, Hamburg zu verlassen und in ein kleines Dorf aufs Land zu ziehen, hätte ich ihn für ziemlich wunderlich gehalten. Und nun sind wir hier. Umgeben von Rapsfeldern, Wäldern, Hühnern, Spatzen-Gangs und ohne einen einzigen Laden vor Ort. Mein noch recht frisches Interesse an Garten, Natur, Permakultur, Nachhaltigkeit und Weltretten hat nach und nach die Landlust reifen lassen. Das eigene Essen – zumindest teilweise – anzubauen und damit ressourcenschonender, gesünder und unabhängiger zu leben, scheint mir jetzt, wo Klimakrise und Artensterben immer deutlicher zutage treten, ein guter Ansatz zu sein. Und nun wollen wir sehen, was hier so alles geht.
Eine wichtige Rolle soll dabei die Permakultur spielen. Zu definieren, was das überhaupt ist, ist gar nicht so einfach. Im Netz finden sich unzählige Erklärungsversuche. Im Groben lassen die sich etwa so zusammenfassen: Bei der auf Garten und Landschaft bezogenen Permakultur handelt es sich um ein Gestaltungskonzept, das darauf abzielt, nach dem Vorbild der Muster und Kreisläufe der Natur widerstandsfähige, sich selbst erhaltende und nachhaltige Systeme zu schaffen, die essbare Erträge hervorbringen.
Essbar soll zunächst einmal der hintere Teil unseres Gartens werden. Er umfasst gut 350 Quadratmeter und steigt relativ steil an: etwa drei Meter Höhenunterschied verteilt auf rund 18 Meter, die zwischen dem Fuße des Hauses und der Grundstücksgrenze im Norden ganz oben auf dem Hang liegen. Diese Fläche wollen wir terrassieren. Der erste Höhenmeter ist bereits gemacht. Eine befestigte Mauer, die dicht hinter dem Haus entlang führt, haben wir bei unserem Einzug schon vorgefunden. Es bleiben also gut zwei Meter Anstieg übrig, die wir mit Trockenmauern überbrücken wollen. Um die Stabilität des Hanges zu sichern, soll keine der zu bauenden Mauern deutlich höher als 50 Zentimeter sein.

Vorteile der Terrassierung
Neben einer leichteren Bewirtschaftung bietet eine Terrassierung weitere Vorteile. Sie stoppt die Erosion, also die Abtragung vom Boden durch Regen und Wind. Und sie bündelt Energie. Auf den ebenen Terrassen läuft das Regenwasser nicht einfach runter, sondern kann direkt in den Boden sickern. Die Steine, die als Trockenmauern leicht schräg zum Hang hin lose aufeinander gelegt werden, speichern tagsüber Sonnenenergie und geben die Wärme nachts an die Umgebung ab. So entsteht am Hang ein Mikroklima, das vielen Pflanzen Nutzen bringt. Ein weiterer Vorteil von Terrassen liegt in den Fugen zwischen den Steinen. Zum einen bieten sie zahlreichen Tieren Unterschlupf und zum anderen vergrößern sie die Anbaufläche. Zumindest dann, wenn die Fugen mit essbaren Pflanzen bestückt werden. Ein zusätzlicher Gewinn liegt in der Optik. Unterschiedlich hohe Ebenen, geschwungene Verläufe und schöne Steine bringen Abwechslung in die Gestaltung.
In unserem Reihenhausgarten in Hamburg habe ich vor einigen Jahren schon einmal eine Trockenmauer gebaut – in völlig anderen Dimensionen. Im Vergleich zu dem aktuellen Bauprojekt war die Mauer damals ein Mäuerchen. Mehr dazu findet ihr hier.
Obwohl Hangterrassierungen normalerweise am Fuße des Hanges begonnen werden, habe ich oben angefangen. Das hat einen einfachen Grund: Dort, auf den letzten Metern zur Nordgrenze hin, ist der Anstieg eher unbedeutend. Der Zeitaufwand, der benötigt wird, um diese übrigens größte Ebene fertigzustellen, ist im Vergleich zum Bau der darunter liegenden Ebenen gering. Und da ich schon in diesem Jahr einen Ertrag erwirtschaften wollte, ging es eben oben los.
Eine Sonnenfalle pflanzen
U-förmig um die Terrassen herum, an den Grenzen nach Westen, Norden und Osten wollen wir im Herbst eine Wildobsthecke pflanzen. Holunder, Schlehe, Haselnuss, Kornelkirsche, Felsenbirne und einige andere Sträucher sollen eine Sonnenfalle bilden, die das günstige Mikroklima auf den Terrassen noch weiter fördert. Eigentlich sind Sonnenfallen nach Süden hin offen. Das klappt bei uns leider nicht, weil unser Haus im Weg steht. Da das Gelände aber recht steil ansteigt und das Haus nicht sehr hoch ist, ist das hoffentlich nicht so schlimm. Zumindest was den Schattenwurf betrifft, gibt es keine Probleme. Schon im April war in den Mittagsstunden der gesamte Hang sonnenbestrahlt.
Hühner im Anmarsch
Weil wir hier nicht in der Großstadt sind, sondern auf dem Land, brauchen wir ein bisschen Schutz vor ungebetenen Gästen. In der Nachbarschaft leben ein paar Hühner, die gerne Ausflüge machen – auch in unseren Garten. Dort wo kein Gemüse wachsen soll, sind sie gern gesehen. Aber im Salat wollen wir sie nicht haben. Glücklicherweise gehen die Hühner lieber spazieren als dass sie durch die Gegend fliegen. Ein Zaun rund um den Hang als äußerste Grundstücksbegrenzung sollte helfen. Nach Norden hin gibt es schon einen Maschendrahtzaun. Dahinter liegt eine große Wiese, die bis vor zwei Jahren als Pferdekoppel diente. Jetzt wird sie von unserem Nachbarn hobbybewirtschaftet, zweimal im Jahr gemäht zur Heuproduktion. Zu den Nachbarn nach links und rechts hingegen ist alles offen, eine Einladung für alle freilaufenden Hühner.
Ein lebendiger Zaun als Schutz
Ein lebender Weidenzaun soll die Tiere vom Besuch der Terrassen abhalten. Ende Februar haben wir von zwei Bio-Projekten genügend Weidenruten bekommen. Die erste Ladung hat uns Nicole vom Eschenhof geschenkt, einem tollen Gemeinschaftsgartenprojekt in Mecklenburg. Den zweiten Schwung haben wir bei „Wir bauen Zukunft“ einsammeln dürfen, einem genossenschaftlich organisierten Experimentierprojekt für eine bessere Zukunft. Beide Projekte sind so spannend, dass ich sie euch in den nächsten Monaten vorstellen möchte.


Von den Wühlmäusen lernen
Ein paar Tage lang standen die Ruten im Wasser. Währenddessen habe ich dort, wo der Zaun entstehen sollte, einen etwa dreißig Zentimeter tiefen Graben ausgehoben. Beim Ausheben kann man eine Menge über den Boden erfahren. Die Wühlmaushügel auf dem Hang hatten es eigentlich schon lange offenbart: Farbe und Zusammensetzung der Hügel zeigen deutlich, dass oben auf dem Hang dunkler Boden mit viel organischem Material liegt. Je weiter sich die Wühlmäuse am Hang nach unten vorarbeiten, desto heller und sandiger, aber auch härter und steiniger wird der Boden. Genau diese Beobachtung konnte ich auch beim Ausheben des Grabens machen.


Noch mehr tierische Gäste
Kaninchen gibt es hier auch. Ob die sich von unserem Weidenzaun abhalten lassen, wird sich zeigen. Rehe jedenfalls sehen den Zaun nicht als Hindernis an. Frische Spuren in den bereits angelegten Beeten bezeugen das. Auch Wildschweine sollen in der Gegend ihre Runden ziehen, auf der anderen Seite des Hanges nur wenige hundert Meter entfernt. Die jedoch hat bislang noch keiner hier oben gesehen.
