
Ackern in Appen – Gemüse und Geplauder auf dem Miet-Acker (3)
Mittlerweile sind sechs Wochen ins Land gegangen, seit wir unseren fünfzig Quadratmeter großen Miet-Acker auf dem Schäferhof in Appen übernommen haben. So einen heißen und staubtrockenen Mai hat es selten gegeben. Eine Herausforderung für das junge Gemüse und für unsere Nerven. Was es sonst noch gab in den letzten Wochen? Körbeweise Unkraut, schwarz-gelbe Käferchen und pures Ernteglück.
Ein völlig untypischer Mai in Hamburg: Wochenlang kein Regen und die Temperaturen so hoch, dass bei uns die Mücken freiwillig in den Kühlschrank flogen. Normalerweise lautet das Credo bei „Erntezeit“: Es wird nicht gegossen! Doch dann kam Ende Mai eine Rundmail an die Pächter. „Erntezeit“-Betreiberin Jule Vickery hatte sich beraten lassen und gab nun Bewässerungstipps raus. Zusammengefasst: Alles, was gut aussieht, sollte auch weiterhin nicht gegossen werden. Nur die frisch ausgesetzten Jungpflanzen und neue Aussaaten könnten Hilfe gebrauchen. Also bloß nicht in blinden Aktionismus verfallen und die Pflanzen mit zu viel Extra-Wasser verweichlichen!

Dass gesäte Kulturen besser klar kommen als frisch gesetzte ist eigentlich klar. Sie können von Anfang an ein ordentliches Wurzelwerk ausbilden und damit die übrig gebliebene Bodenfeuchte vom März und April gut ausnutzen. Im Gegensatz zu Hitzewellen im August sei nämlich oft noch viel Feuchtigkeit im Erdreich gespeichert, erklärt Jule. Die frisch gesetzten Pflanzen – wie der Grünkohl – wurzeln hingegen nur in einem kleinen Pressballen und müssen sich den Boden erst erobern.
Der Weg zum Acker
Kaum war die Mail da, kam der Regen. Innerhalb weniger Tage gleich zwei- oder dreimal recht ausgiebig. Aber auch vorher wirkten die Pflanzen noch topfit. Einen Acker zu mieten ist für die meisten Hobbybauern mit Wegen verbunden. Wir fahren in der Regel mit dem Rad vierzig bis fünfzig Minuten durch Wald und Feld. Da denkt man genauer nach, ob man schnell nach dem Rechten sehen will, oder ob man einfach Vertrauen setzt in sein junges Gemüse.
Einige Arbeiten standen in den letzten Tagen an: Unser Anfänger-Klettergerüst für die Stangenbohnen schrie nach Erweiterung, die Zuckererbsen brauchten ebenfalls Rankhilfen, und die Kartoffeln mussten angehäufelt werden. Genau wie einige Nachbarn habe ich die Pflanzen etwa zur Hälfte mit Erde bedeckt. Das soll den Ertrag deutlich in die Höhe treiben, weil sich so weitere Knollen bilden. Dieses Anhäufeln kann zwei- oder dreimal wiederholt werden. Immer dann, wenn wieder viel Grün von den Pflanzen zu sehen ist.

Kartoffelkäfer im Anmarsch
Zu sehen ist inzwischen nicht nur Grün, sondern auch Schwarz-Gelb. Die Kartoffelkäfer sind da! Hübsche, aber sehr hungrige Tierchen. Die Käfer sind so zerstörerisch, dass sie in beiden Weltkriegen und im Kalten Krieg für Sabotagezwecke im Gespräch und möglicherweise sogar im Einsatz waren. Viele Vermutungen und Beschuldigungen in Sachen „Kartoffelkäfer auf feindlichen Feldern abwerfen“ sind bis heute nicht ganz geklärt.

Was aber klar ist: Wer Kartoffeln ernten will, muss die Käfer bekämpfen. Absammeln und zermalmen. „Wenn man sie nicht mit den Fingern zerquetschen will, kann man gut zwei Steine zu Hilfe nehmen. Oder noch besser: An die Hühner verfüttern, falls man dazu die Gelegenheit hat“, sagt Acker-Routinier Philipp, der drei Gartenstreifen neben uns ebenfalls in den Kartoffeln zugange ist.
Neuland für Gaby und Gerhard: Gemüseanbau
Einige Meter weiter, schräg neben uns, wirtschaften Gaby und Gerhard. Ihre Tochter hatte die Idee, gemeinsam einen Acker zu mieten. Nun schaffen die drei Ordnung auf dem Feld. Kein einziges Unkraut ist zu erkennen, nur frisch gelockerter Boden und Gemüse in Reih und Glied. Zu Hause, im wenige Kilometer entfernten Städtchen Wedel, haben die beiden auch einen Garten. Mit Gemüseanbau kennen sie sich trotzdem noch nicht aus, denn zu Hause wachsen außer einem Apfelbaum und Beerensträuchern nur Zierpflanzen.

„Diese Art von Gartenarbeit macht uns sehr viel Spaß. Es ist schön, hier immer wieder was zu lernen. Zum Beispiel, dass Kartoffeln angehäufelt werden müssen oder wie Rankgerüste gebaut werden. Sowas weiß man natürlich nicht, wenn man nur einen Ziergarten pflegt“, erzählt Gaby. Aktuell sind die beiden zwei- bis dreimal pro Woche auf dem Acker. „Es wurde ja bei der Einführung erklärt, dass es sich lohnt, wenn man anfangs sehr gründlich das Unkraut entfernt. Später ist dann nicht mehr so viel zu tun“, sagt Gaby.
Wucherndes Unkraut
Körbeweise Unkraut haben wir schon zum Kompost getragen. Ackerstückchen, die bislang noch nicht richtig gepflegt worden sind, sind zum großen Teil vollkommen überwuchert. Gemüse ist dort kaum zu sehen. Dafür aber Quecke, Rispengras, Melde, Ackerwinde und Nachtschatten.
Orangefarbener Mohn, der sich jedes Jahr selbst aussät, fängt überall auf dem Acker an zu blühen. Genauso wie der blaue Lein, der in Reihe eingesät worden ist. Ein wunderschön zartes Blümchen zwischen Mangold und Bohnen.

Ernten macht glücklich
Die erste Ernte ist bereits eingefahren. Zwei Kopfsalate und eine ganze Menge Radieschen, wobei die Salate super und die Radieschen so lala waren. Auf jeden Fall ein toller Frühlingssalat, den wir mit wilder Rauke, Petersilie, Schnittlauch und Blutampfer aus unserem eigenen Garten angereichert haben. Das ist Ernteglück!
