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Ackern in Appen – Neues vom Miet-Acker (1)

Wir haben Zucchini-Keulen geerntet und jede Menge Bohnen, haben Kartoffelkäfer abgesammelt, Rätsel gelöst und immer wieder gestaunt über all das, was unser Miet-Acker in Appen im vergangenen Jahr hervorgebracht hat. Nun geht es für uns auf dem Schäferhof in die zweite Saison und schon macht uns die Ackerpest zu schaffen.

In diesem Jahr starten wir größer. Wir haben bei „Erntezeit“ nicht die üblichen 50 Quadratmeter Gemüseacker gepachtet, sondern gleich 75. Bei der Übergabe Ende April war der Acker frisch bestellt mit etwa 25 Gemüsesorten. Spitzkohl, Schwarzkohl und ein paar andere Sorten waren bereits gepflanzt, alles andere war ausgesät. Also kaum etwas zu sehen außer krümeliger Erde. Wenige Tage später, während die Aussaat noch schlief, kam die Quecke. Ein rasant wachsendes Süßgras, das sich nicht nur über Samen verbreitet, sondern auch über lange, weiße Wurzeln. Diese ganz zu entfernen, ist nahezu unmöglich. Viel zu oft reißen sie ab und sichern der Pflanze damit die Zukunft auf dem Acker.

Quecke auf dem Acker
Wer Gemüse ernten will, muss der Quecke Einhalt gebieten.

Katharina: mal im Konzertsaal, mal auf dem Acker

Mit der Quecke kämpft auch Katharina, Sängerin an der Hamburger Staatsoper und unsere Beetnachbarin zur Rechten. Sie ackert bereits im siebten Jahr in Appen und erlebt in diesem Jahr ihren persönlichen Quecke-Notstand: „So viel hat’s hier bislang noch nicht gegeben“, meint sie und sticht mit der Grabegabel tief ins grüne Übel. Spaß macht ihr die Ackerei aber trotzdem: „Ich liebe es einfach, mit den Fingern in der Erde zu wühlen und zu versuchen, den Platz jedes Jahr etwas effektiver zu nutzen. Dieser Ehrgeiz entspannt sich allerdings im Laufe der Zeit. Nämlich dann, wenn ich mit dem Nachsäen und dem Notieren, wo ich was gesät habe, nicht mehr hinterherkomme. Aber eine Sache werde ich in diesem Jahr mit Sicherheit schaffen: endlich mal die Möhren zu vereinzeln. Dann gibt es zwar weniger, dafür aber richtig dicke Dinger!“

Katharina in der Quecke
In der Parzelle rechts von uns ackert Katharina. Schon seit sieben Jahren ist sie in Appen dabei.

Topinambur, die Ackerpest

Die Quecke lässt sich nicht verhindern. Aber mit Grabegabel und Hartnäckigkeit bekommt man sie früher oder später unter Kontrolle. Auf unserem Ackerstückchen macht sich ein weiteres Ärgernis breit. Eines, das sich verhindern ließe, wenn sich alle Pächter an die Regeln halten würden: Topinambur, der Ackerschreck schlechthin. Meldepflichtig wie die Masern, zumindest bei „Erntezeit“. Hier gilt nämlich ein absolutes Topinambur-Verbot, denn die Pflanze hat einen Ausbreitungsdrang, der kaum zu stoppen ist. Jedes Jahr läuft „Erntezeit“-Betreiberin Jule Vickery mehrfach über den Acker und hält Ausschau nach der „Ackerpest“, wie sie die Pflanze nennt. Alle gefundenen und ausgebuddelten Pflanzen landen dann in der weißen Wanne, die extra für diesen Zweck vor dem Bauwagen am Ackerrand steht.

ein paar Topinambur-Pflanzen auf dem Acker
Sieht harmlos aus, aber der Schein trügt.
Topinambur - Pflanze mit Knolle
Topinambur (Helianthus tuberosus) ist ein enger Verwandter der Sonnenblume. Die Knollen sind essbar und schmecken leicht süßlich.
ausgegrabene Topinambur im Korb
Topinambur hat auf dem Acker keine Aufenthaltsgenehmigung.

Der Raps, die Rätselpflanze der letzten Saison

Genauso gelb wie der Topinambur blühen würde, wenn man ihn ließe, blüht der Raps auf dem Nachbarfeld. Im vergangenen Jahr gab diese Pflanze uns Rätsel auf. Bei vielen Pächtern wuchsen, genau wie bei uns, seltsame Pflanzen, die optisch an Kohl erinnerten. Miet-Gärtner mit Erfahrung entsorgten die Planzen, sobald sie sich zeigten, auf dem Kompost. Neulinge wie wir haben die Pflanzen gehegt und gepflegt, in der Hoffnung, dass sie bald ihr Geheimnis preisgeben würden. Als sie immer mehr Platz wegnahmen, habe ich Extrembotaniker Jürgen Feder um Rat gefragt. Der wusste Bescheid: Raps. Nun weiß ich auch, wo er herkommt. Vom Nachbarfeld, das ich im vergangenen Jahr einfach übersehen habe.

Rapsfeld in Blüte
Direkt neben dem „Erntezeit“-Acker blüht der Raps.

Steine, die auf dem Acker wachsen

Genauso wie der Raps mir im vergangenen Jahr zu denken gab, tun es nun die Steine. Sie scheinen ebenso auf dem Acker zu wachsen wie das Gemüse.  Seit zehn Jahren wirtschaftet „Erntezeit“ auf dem Gelände. Und seit zehn Jahren schleppen die Pächter körbeweise Steine vom Feld. Jedes Jahr aufs Neue liegen sie wieder da: große, kleine, runde und kantige Steine, ganz oben auf oder mit Erde bedeckt.

Ich habe ein bisschen recherchiert und dabei zwei Erklärungen gefunden, die ineinander greifen. Ein Grund für die nachwachsenden Steine ist wohl der Frost. In Deutschland kann der Frost etwa 80 bis 100 Zentimeter tief in den Boden eindringen. Wenn die Erde nach einer Frostperiode wieder auftaut, dann bleibt unter den Steinen, die sich in der Erde befinden, der Boden ein bisschen länger gefroren als der Boden drumherum. Die um den Stein herum auftauende Erde kann deshalb schon absacken, während der Stein selber auf einer Art Frostsäule liegen bleibt. Auf diese Weise wächst er sozusagen langsam nach oben.

Ein zweiter Grund liegt in der Bodenbearbeitung. Wenn der Pflug seine Bahnen über den Acker zieht, bringt er die Bodenschichten durcheinander. Und genau wie beim Müsli die Rosinen und großen Nussstückchen immer oben liegen, bleiben auch die Steine oben, während die kleineren Müsli- bzw. Bodenbestandteile nach unten absacken. Geht also im nächsten Jahr weiter, das Steinesammeln.

Steinhaufen auf dem Acker
Genau wie im vergangenen Jahr gehören Steine zur ersten Ernte.

Schon geerntet: die Eiszapfen

Neben den Steinen gibt es eine weitere Ernte: die Eiszapfen. Längliche, weiße Radieschen, die langsam fertig sind. Die erste Ernteglück ist perfekt. Erstaunlich, wie gründlich das den ganzen Nervkram um Quecke und Topinambur vergessen lässt. Zumindest für kurze Zeit.

Eiszapfen-Radieschen
Eiszapfen: Wie sonst könnten diese weißen, länglichen Radieschen heißen?

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