Buntes Band Eimsbüttel ?>

Buntes Band Eimsbüttel

Franziska Schultz gärtnert auf Verkehrsinseln und Seitenstreifen im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel. Nun will sie mit ihrer Initiative „Buntes Band Eimsbüttel“ Biotope im Stadtteil vernetzen, um so Wildbienen unter die Flügel zu greifen. Was sie selbst davon hat? Eine blühende Umgebung, ungewöhnliche Begegnungen und ein geheimes Kuchenrezept.

Nur einen Steinwurf von ihrer Eimsbüttler Altbauwohnung entfernt, hat Franziska Schultz einen blühenden Hingucker geschaffen. Die etwa 25 Quadratmeter große Fläche direkt am Straßenrand ist mit etlichen Stauden bewachsen. 2012 hat die Waldorflehrerin diese Grünpatenschaft von der Stadt übernommen. Heute bewirtschaftet sie – teilweise auch mit anderen Hobbygärtnern zusammen – je nach Zählweise sechs bis acht öffentliche Flächen in Eimsbüttel: Seitenstreifen, Verkehrsinseln und Beete in öffentlichen Parks.

üppig bepflanzter Seitenstreifen
Ziemlich schattig gelegen. Trotzdem finden Wildbienen hier reichlich Nahrung.

Das Beet vor ihrer Wohnung ist ihr Hauptgarten. Immer wieder bricht sich hier die Sonne Bahn, scheint zwischen den Häuserreihen und den hohen Straßenbäumen hinunter auf die im Ganzen recht schattig gelegene Fläche und hebt quasi per Spotlight die einzelnen Arten hervor. Unter anderem dabei: Salbei, Bergflockenblume, Sibirische Iris, Pfirsichblättrige Glockenblume, Felsenstorchschnabel, Milchstern, Fransenbecher, Rosen, Brombeeren und Lungenkraut, das als eine Art Markenzeichen in allen ihren Gärten zu finden ist. „Lungenkraut mag ich besonders gerne. Nicht nur wegen der schönen Blätter, sondern auch, weil es früh blüht und als heimische Pflanze eine wertvolle Nahrungsquelle für viele Wildbienen ist“, sagt Franziska Schultz.

von der Sonnen bestrahlte Bergflockenblume vor Farnschöne gelbe BlumeStorchschnabel hinter einer BeetbegrenzungSteine als BeetbegrenzungDie Sibirische Iris in den Startlöchernblühender Schattensteinbrechrosa blühende Roseblühender MilchsternBlätter vom LungenkrautIslandmohnBerg-FlockenblumeSchild Lungenkraut

Auf der gegenüber liegenden Straßenseite liegt eine nur mit Sand befestigte Fläche, in der viele kleine Löcher im Boden zu finden sind. Hier wohnen jede Menge Sand- und Pelzbienen, die besonders im Frühjahr in Franziskas Garten ihre Nahrung finden.

Dieser Hauptgarten ist inzwischen so eingewachsen, dass er kaum noch Arbeit macht. Das „Problembeet Nummer 1“ jedoch, eine Verkehrsinsel auf der sechsspurigen Fruchtallee, benötigt deutlich mehr Zuwendung. Die Pflanzen, die hier wachsen, müssen hart im Nehmen sein: „Sie müssen nicht nur mit massig Reifenabrieb zurecht kommen, sondern auch mit Streusalz im Winter und durchweg mit einer extremen Abgassituation“, erzählt Franziska. Seit eineinhalb Jahren experimentiert sie auf dieser Fläche, die sie nicht als Standard-Grünpatenschaft erhalten hat, sondern per Sonderabsprache. Bedingung: Franziska muss bei der Arbeit auf der Insel eine Warnweste tragen. Dafür wurde das Stückchen Boden aus dem Mähplan der Stadt herausgenommen.

Bepflanzte Verkehrsinsel
Ein grüner Lichtblick inmitten von Blech und Asphalt.

Inzwischen wachsen hier unter anderem Klatschmohn, Natternkopf, Stockrosen, Kronen-Lichtnelken, Königskerzen, Ringelblumen, Schafgarbe, Fingerhüte, Tulpen, Narzissen, Traubenhyazinthen und Johanniskraut. Klee und Spitzwegerich sind von alleine dazu gekommen. Super für Wildbienen, die sich gut auf die Inselsituation eingestellt haben. Franziska beobachtet immer wieder, wie die Insekten von den Straßenrändern aus steil nach oben fliegen, in großer Höhe die Straße überqueren und über der Insel angekommen in den Sinkflug gehen.

blühender Mohn am Straßenrand
Was für ein Kontrast: Mohn versus Blechlawine.
blühende Ringelblumen
Ringelblumen scheinen mit dem Straßenverkehr gut klar zu kommen.
Königskerze Anfang Juni
Anfang Juni steht die Königskerze mit ihren hundeohrfellweichen Blättern noch in den Startlöchern.
Hummel auf Klee
Klee: eine Bienenweide par excellence.
Hummel fliegt Natternkopf an
Der Natternkopf gilt mit seinen leuchtend blauen Blüten als Top-Hummelpflanze.

Einen Teil der Pflanzen bekommt die engagierte Gärtnerin von Anwohnern geschenkt. Die restlichen holt sie aus ihrem Schrebergarten, in dem immer wieder etwas abfällt. Schon als Schülerin hat Franziska im Naturgarten ihrer Mutter Erfahrungen gesammelt und von ihrem Lehrer vermittelte Gartenpflege-Jobs übernommen. Nun investiert sie während der Saison etwa fünf Stunden wöchentlich in ihre Gärten, zu ihrem eigenen Vergnügen und zum Schutz der Wildbienen. „Wenn wir Artenschutz betreiben wollen, ist es unabdingbar, für geeignete Blühpflanzen zu sorgen. Einfach mal nur ein Insektenhotel aufzuhängen bringt da gar nichts“, erklärt sie.

Ihre eigenen Gärten sind ihr inzwischen nicht mehr genug. „Wildbienen haben einen Flugradius von etwa 500 Metern. Es wäre also gut, wenn es im Bezirk mindestens alle 500 Meter Blühwiesen oder artenreiche Staudenbeete geben würde“, meint Franziska. Um das zu erreichen, hat sie im März dieses Jahres das „Bunte Band Eimsbüttel“ gegründet. Getragen wird die Initiative von der Regionalgruppe Hamburg des „Naturgarten e. V.“. Ziel ist es, Gartenbesitzer, Grünpatenschafts-Gärtner, bestehende Projekte und Verbände in Kontakt zu bringen und zugleich weitere Blühwiesen und Beete zu planen. Auf diese Weise soll eine lückenlose Biotopvernetzung erreicht werden. „Ich möchte den Austausch von Wissen und von insektenfreundlichen Saaten und Stauden anregen, damit auch die Spezialisten unter den Insekten, wie beispielsweise die Glockenblumen-Scherenbiene genügend Pollen und Nektar finden. Sie fliegt fast ausschließlich Glockenblumen an“, erzählt die 41-Jährige und winkt kurz einem Passanten zu.

Kontakte ergeben sich durch die Arbeit auf den öffentlichen Flächen reichlich. „Die Leute sprechen mich einfach an, weil ich da bin“, sagt Franziska. Manchmal seien diese Begegnungen ungewöhnlich wie die mit einem Anhänger der Chemtrail-Verschwörungstheorie oder ärgerlich wie die mit uneinsichtigen Hundebesitzern. Aber normalerweise sind die Begegnungen nett.

Besonders gefreut hat sich Franziska über einen etwa 70-jährigen Mann, der vor einigen Monaten zunächst eine Weile um sie herum schlich und dann auf sie zukam. „Weil Sie alles hier so nett machen mit den ganzen Blumen, will ich Ihnen unser geheimes Familienrezept verraten – unser Rhabarberkuchenrezept“, habe er gesagt und ihr stolz und zugleich ein wenig verlegen einen kleinen Zettel überreicht.

„Diese Arbeit bringt mir ganz viel“, sagt Franziska. „Ich liebe es, überall Blühendes zu sehen, wenn ich durch den Stadtteil fahre. Diese kleinen, lebendigen Biotope zeigen so deutlich, was mit einem bisschen gutem Willen alles machbar ist.“

 

Mehr dazu: Buntes Band Eimsbüttel 

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One thought on “Buntes Band Eimsbüttel

  1. Wunderschön! Danke an Franziska für ihr ehrenamtliches Engagement. Und Danke auch an Dich, Katharina, für den Artikel. Obwohl ich in Eimsbüttel lebe, kenne ich diese Grünflächen nicht…

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