Die Hühner im Garten von Sophie
Sophie holt ihre Eier nicht aus dem Supermarkt, sondern aus ihrem Garten. Hier leben zwölf Serama-Hühner in einem wunderschönen „Pettersson und Findus“-Idyll mit rot-weißen Hühnerhäuschen.
Das war Landleben pur auf dem Bauernhof ihrer Großmutter im Schwarzwald: „Kühe, Hühner, Katzen, Mais und Weizen. Wir haben noch per Hand gemolken und mit der Sense Heu gemacht.“ Vergangenes Glück huscht über Sophies* Gesicht, wenn sie ins Erzählen kommt. „Solche Bauernhöfe gibt es heute nicht mehr in dem Dorf. Ich habe mich dann gefragt, wie ich ein bisschen von diesen Erfahrungen in unser heutiges Leben transportieren kann und kam so auf die Hühner.“
Hühner zwischen Dahlien und Schaukeln
Sophie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern (6, 6 und 7) am Rande von Berlin. Ein paar Eichen verschatten einen Teil das etwa 1000 Quadratmeter großen Grundstücks. Hier gibt es ein Fußballfeld, eine terrassierte Ecke mit Autoreifenschaukel und eine Nestschaukel mit Klettergerüst. Überall im Garten verteilt Beete, in denen Funkien, Echinacea, Astern und Dahlien blühen. Manchmal lassen sich die Hühner auf dem Klettergerüst nieder oder picken im frisch vertikutierten Fußballfeld, aber meistens halten sie sich im helleren Teil des Gartens auf. Hier finden sich ein Hühnerstall, ein Kaninchengehege, ein mit einem Staketenzaun und Drahtgeflecht abgestecktes Gemüsebeet und ein weiteres kleines rot-weißes Hühnerhäuschen im „Petterson und Findus“-Stil. Mit diesem Häuschen fing alles an.
Ein Küken ist geschlüpft
Zwölf Serama-Hühner gehören inzwischen zur Familie, darunter zwei Hähne. Als erstes kamen vor vier Jahren Luisa und Falka. Nach und nach die anderen. Teils als gekaufte Eier, teils aus eigener Vermehrung. Susi ist gerade etwas flatterig. Sie musste nämlich gestern mit ihren drei Teenager-Küken die Mutterstation – das kleine Hühnerhäuschen – verlassen. Denn schon wieder ist ein Küken geschlüpft und hat nun Anspruch auf das Häuschen.
Die kleinsten Hühner der Welt
Seramas gelten als die kleinste Zwerghuhnrasse der Welt. Sie werden höchstens 25 cm groß und legen deshalb deutlich kleinere Eier als ihre Standardkollegen. Es wird gemutmaßt, dass die Seramas unter anderem vom Seiden- und vom Dschungelhuhn abstammen. Weil sie besonders zutraulich sind, ganzjährig Eier legen, wenig gackern und zetern und selbst das Krähen lustig leise klingt, werden sie hierzulande immer beliebter.
Was die Nachbar sagen
Und was sagt die Nachbarschaft zu diesen ungewöhnlichen Haustieren? „Die finden die Hühner toll. Vor dem Kauf der Tiere haben wir natürlich rumgefragt, ob alle einverstanden sind. Die einen sagten: ‚Macht nichts, wir haben vier Kinder.‘ Die anderen: ‚Egal, wir haben laute Frösche.‘ Und die Bewohner im Seniorenstift gleich nebenan sagten: ‚Ist okay, wir hören sowieso nichts mehr'“, erzählt Sophie.
Gefahr von oben: Greifvögel
Ausreißen könnten die Hühner jederzeit. Tun sie aber nicht. Sie verlassen zwar gerne mal den Garten, bleiben aber immer in der Nähe des Hauses. Gefahr droht eher von anderer Seite. Habichte und Bussarde, die über die nahegelegenen Felder kreisen, ziehen auch über den Gärten ihre Runden. Vor drei Monaten hat es Valentina, das schwarze (höchst zickige) Schaf der Hühnerschar erwischt. Nur noch ein paar weiße Federn lagen auf dem Rasen. „Einerseits ist das zwar traurig, aber andererseits ist das der Lauf der Natur. Und so hatte wenigstens der Greifvogel frisches Futter für seine Jungen“, sagt Sophie.
Sich zumindest mit Eiern weitestgehend selbst versorgen zu können, ist ein Gedanke, der Sophie gut gefällt. Auch der Gemüsegarten gibt einiges her und schenkt der Familie immerhin ein paar Tage Unabhängigkeit vom Supermarkt. Erbsen, Bohnen, Kartoffeln, Erdbeeren und Salat sind schon abgeerntet, ein Kürbis liegt einsam im Beet. Er soll bis Halloween noch ein bisschen zulegen.
Das Winterquartier im Schuppen
Und dann kommt langsam der Winter. Zeit für die sehr kälteempfindlichen Serama-Hühner, das Quartier zu wechseln. Der Hälfte des Schuppens wird dann wie in jedem Winter und wie in Zeiten der Vogelgrippe zum Hühnerstall umfunktioniert. Im Sommer ist im Schuppen nur eine kleine Krankenstation links neben der Tür für die Tiere reserviert. Hier ruht sich vor allem Falka aus, die alte Dame unter den Hühnern. Sie baut schon ein bisschen ab und braucht ab und an das wärmende Rotlicht, das über einer mit Stroh gefüllten Kiste baumelt. Daneben liegen ein paar Körnersäcke. Zusatzfutter für die Tiere, die aber auch im Garten jede Menge zum Picken finden: die Eier von Nacktschnecken beispielsweise. „Ein toller Zusatznutzen“, findet Sophie. Sie steht auf, geht zu einem Blumentopf, der auf der Terrasse steht und zieht aus dem Zitronenthymian ein kleines Ei hervor. Fast ein bisschen wie Ostern.
*Auf Wunsch der Gartenbesitzerin sind alle persönlichen Daten nachträglich anonymisiert worden.
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One thought on “Die Hühner im Garten von Sophie”
Das ist ein wunderbarer Artikel, den ich nur von Herzen bestätigen kann ! Ich habe selber seit 2 Jahren Seramas (10 Hennen und 7 Hähne ) , die den ganzen Garten als Territorium nutzen. Es ist die harmonischste Truppe , die ich mir vorstellen kann …trotz der vielen Hähne. So ein friedliches Völkchen ….eine ideale Rasse für alle , insbesondere für Neulinge unter den Hühnerhaltern. Für mich bedeutet es völlige Entschleunigung, sie bei ihren ausgedehnten Sandbädern und ihren Streifzügen durch den Garten zu beobachten. Und auf ein Zeichen kommen sogar alle angerannt, um ein „Leckerchen“ zu ergattern. Eine wahre Bereicherung ! Ich möchte sie nicht mehr missen ! Und die leckeren Eier erst recht nicht ! Da schmeckt man, dass es Eier von glücklichen Hühnern sind. Und das macht auch selber glücklich 😊!