Permakultur im Reihenhausgarten (3)
Lust und Frust im Experiment „Permakultur im Reihenhausgarten“: Ameisen haben eines der beiden Hochbeete erobert und auch die Schnecken sorgen für Verdruss. Die Erdbeer- und die Himbeerernte ist durch, mit Zuckererbsen und Tomaten geht es weiter.
Alarm im Hochbeet. Heerscharen von Ameisen rasen geschäftig zwischen Möhren, Zwiebeln, Salat und Baumspinat umher. Das Problem dabei: Das Labyrinth der unterirdischen Gänge gräbt den Pflanzen das Wasser ab, die Versorgung mit Nährstoffen wird knapp. Zwei Möhren haben schon die Segel gestrichen, die Ameisen müssen weg! Was ganz gut funktionieren soll, ist das Umsiedeln der Tiere. Dazu wird ein umgedrehter Blumentopf mit Erde oder feinem Mulchmaterial auf das besiedelte Beet gestellt. Einige Tage später sollen die Ameisen den Blumentopf bezogen haben, sagt die Theorie. Ob’s klappt?
Was wirklich gut funktioniert hat, aber in jeder Hinsicht anstrengender war, als ich gedacht hatte, war die Umsetzung meines Großprojektes: die Terrassierung des Hanges an der Grundstücksgrenze. Schluss mit dem Gepuzzle, die Terrassen sind fertig. Leider ist der Boden mies. Das hat die Probe ergeben, die ich zusammen mit Permakultur-Designerin Kerstin Schaumburg gemacht habe. Eine Handvoll Erde in ein mit Wasser gefülltes Marmeladenglas geben, kräftig schütteln und warten, bis sich einzelne Schichten absetzen. Ganz oben schwimmt der Humus. Schlämmprobe nennt sich dieses Vorgehen. Der Humusgehalt, also die Gesamtheit der toten organischen Substanz, die den Pflanzen als Nährstofflieferant dient, ist viel zu gering. Da Regen und Wind über die Jahre dafür gesorgt haben, dass die oberen Bodenschichten auf dem unbefestigten Hang immer wieder weggespült und weggeweht worden sind, ist der Mangel an Humus kein Wunder.
Der Boden geht auf Kur
Doch das hat jetzt ein Ende. Ich habe in den Boden Kompost eingearbeitet und einen Gründünger gesät. Phacelia, auch Bienenfreund genannt, heißt die Pflanze, die dafür sorgen soll, dass er Boden gelockert, das Bodenleben aktiviert und der Humusgehalt erhöht wird. Es gibt noch weitere Pflanzen, die diesen anspruchsvollen Job gut meistern. Dazu gehören Inkarnat-Klee, Luzernen und Lupinen. Nach der Blüte werden die Pflanzen abgeschnitten und sowohl an Ort und Stelle liegen gelassen als auch leicht in den Boden eingearbeitet. Das ist Komposterzeugung vor Ort, also direkt dort, wo er gebraucht wird.
Mehrjährig ab Herbst
Außer Phacelia habe ich für diesen Sommer als Zwischenlösung vorgezogene Kapuzinerkresse, Baumspinat und Mangold gepflanzt sowie Cosmea, Ringel- und Kornblumen gesät. Im Herbst solll die Terrassen so bepflanzt werden, dass sie in Zukunft kaum noch Arbeit machen. Ganz oben auf der Kirschlorbeer-Terrasse wächst reichlich Giersch. Zusätzlich sollen sich dort Brennnesseln und Knoblauchsrauke ausbreiten. Auf den unteren beiden Terrassen sollen unter anderem Stachel- und Johannisbeeren, Rhabarber und Erdbeeren gepflanzt werden, sowie der so genannte „Ewigen Kohl“, der angeblich fast das ganze Jahr über zarte Blätter produziert. Alle diese Pflanzen haben zwei Gemeinsamkeiten: Zum einen sind sie mehrjährig, werden also einmal gesät oder gepflanzt und kommen dann über Jahre wieder, und zum anderen kommen sie alle auch ohne einen vollsonnigen Standort klar. Flankiert werden die Terrassen schon jetzt von den Rosen, die vor der Terrassierung über den Hang verteilt wuchsen.
Permakultur = gärtnerischer Müßiggang?
Angeblich sind Permakultur-Gärten sehr wartungsarm, da die Natur selber einen Großteil der Arbeit übernimmt. Bislang kann ich das nicht bestätigen. Zumindest die Anlage solcher Gärten ist mit sehr viel Arbeit verbunden. Besonders dann, wenn man Hänge terrassieren oder Kräuterspiralen anlegen will. Wenn die Terrassen im Herbst mehrjährig bepflanzt werden, haut die Behauptung mit dem gärtnerischen Müßiggang vielleicht hin. Mit etwas Glück muss dann nur noch der Giersch hin und wieder in seine Grenzen verwiesen werden.
Ärger mit den Schnecken
Die Himbeeren haben deutlich mehr Früchte getragen, als wir erwartet haben. Allerdings haben wir fast jede einzelne Himbeere mit Würmchen teilen müssen. Auch die Erdbeerernte war nicht schlecht. In luftiger Höhe in Töpfen und Netzen an ein Rankgitter angebunden, hatten die Schnecken keine Chance. Auch die restlichen Erdbeeren am Boden blieben von den Schnecken weitgehend verschont. Dafür fallen die Schnecken jetzt umso heftiger über die jungen Cosmeapflanzen und den Baumspinat her. Von den Kornblumen haben sie nicht eine Faser übrig gelassen.
Am Rankgitter an der Hauswand geben sich die Erdbeeren und die Zuckererbsen die Klinke in die Hand. Kaum sind die Erdbeertöpfe abgenommen, erobern die Zuckererbsen, die bislang in einem großen Topf am Fußes des Gitters abgewartet haben, in einem enormen Tempo das Rankgerüst. Nach und nach fangen sie an zu blühen.
Der Wein, der Wilde Wein, die Rosen und Stockrosen explodieren an den beiden Trennwänden zu den Nachbarn. Überbordendes Grün mit einem Wachstums-Flash, leuchtend roten Blüten und deutlich erkennbaren Babytrauben machen unsere Terrasse zur grünen Hölle.
Die Tomaten-Challenge
Die Tomaten bekommen täglich neue Blüten, ein paar Früchte haben schon Kirschengröße überschritten. Drei Töpfe mit je zwei Tomatenpflanzen habe ich vor ein paar Wochen in eine Challenge geschickt, um herauszufinden, ob gekaufter Dünger wirklich nötig ist. Momentan liegen die Tomaten, die ich mit einem flüssigen Bio-Tomatendünger versorge, gleichauf mit den Tomaten, die nichts anderes als zerschnittene Brennnesseln sowohl im Pflanzloch als auch als Mulchschicht bekommen haben. Leicht abgeschlagen mit weniger kräftigem Wuchs liegt der dritte Tomatentopf, der sowohl den Flüssigdünger als auch eine Mulchschicht aus angetrocknetem Grasschnitt bekommen hat. Vielleicht zu viel des Guten?
Wie es weitergeht im Rennen um die besten Tomatenerträge, ob die Ameisen tatsächlich ihre Koffer gepackt haben und was die Kräuter in dem gebogenen Kräuterbeet machen, darüber berichte ich im nächsten Teil der Serie.
Du willst wissen, wie es weitergeht? Permakultur im Reihenhausgarten (4)