„Von Diven, Dränglern und fleißigen Lieschen“ von Jürgen Feder ?>

„Von Diven, Dränglern und fleißigen Lieschen“ von Jürgen Feder

Spießer und Zwangsneurotiker gibt es nicht nur in menschlichen Kreisen, sondern auch unter den Pflanzen. Das meint zumindest „Extrembotaniker“ Jürgen Feder, der mit seinem neuen Buch  „Von Diven, Dränglern und fleißigen Lieschen“ eine Charakterkunde der Pflanzen vorstellt.

Damit es keine Missverständnisse gibt: Dieses Buch ist subjektiv – von der ersten bis zur letzten Seite! Das stellt der norddeutsche Pflanzenenthusiast und TV-bekannte Artenexperte Jürgen Feder gleich zu Beginn klar. Alle vorgestellten Typen sind nichts weiter als menschliche – in diesem Fall Feder’sche – Projektionen. Aber gerade das ist der Clou des Buches. Diese menschlichen Maßstäbe eröffnen dem Leser nämlich einen völlig neuen Blickwinkel.

Der Autor unterscheidet 25 verschiedene Charaktere. Mit dabei Typen wie Aschenputtel, Extremist, Giftzahn, Nervensäge, Showmaker und Techniker. Rund fünf bis zehn Arten stellt Feder in jedem Typen-Kapitel vor und landet so auf insgesamt 288 Seiten.

In der Natur drängen sich Bilder und Vergleiche auf

Wie er zu dieser Typisierung kam, erklärt Feder so: „Ich bin soviel unterwegs in der Natur, schaue mir tagelang Landschaften und ihre pflanzlichen… Bewohner an, dass sich mir einfach Bilder und Vergleiche aufgedrängt haben. Permanent begegnen sie mir, die Eiferer, Stalker, Streber, die Ab-, Be-, Ver- und Wegdrängler. Allein dadurch, dass ich sie in ihrem Wuchs, in ihren Verhalten beobachte und mir ihr Vorgehen bildhaft abrufe, fällt es mir leichter, sie im Gedächtnis zu behalten, auch ihre Namen.“

Pflanzlich gesehen: Michael Wendler und Lena Meyer-Landrut

Bei der Vorstellung der einzelnen Arten greift Feder gerne auf Analogien zu lebenden und verstorbenen Personen zurück. So bringt er Napoleon in Zusammenhang mit dem Frühlings-Hungerblümchen (Typ Aufgeblasener Pfau), Lena Meyer-Landrut und Audrey Hepburn mit dem Kegel-Leimkraut (Typ Diva) und Michael Wendler mit der Zaun-Winde (Typ Drängler). Neben diesen unterhaltsamen Vergleichsspielchen liefert Feder aber auch jede Menge fachkundige Infos. Er berichtet über die Geschichte der Pflanzen, ihre Herkunft, ihre Standorte, Erscheinungsbilder und Wuchsformen, und erzählt quasi im Vorbeigehen über die Signaturenlehre, Hippokrates und seine Viersäftelehre, über König Ludwig II. von Bayern und über jede Menge mehr.

Arten wie das Kletten-Labkraut und die Armenische Brombeere

Und welche Pflanzen stellt er denn nun vor? Nicht unbedingt die bekanntesten. Stattdessen unter anderem das Kletten-Labkraut (Typ Nervensäge) und die Beifußblättrige Ambrosie (Tpy Kratzbürste), die oft für „schlimmer als schlimm“ gehalten werde, sozusagen als „Neuwahlen, Pest und Wölfe in einem“. Außerdem dabei: die Armenische Brombeere (Typ Drängler), „einer der unnachgiebigsten Neubürger überhaupt, ein Platzhirsch, rasant, unübersehbar ungezogen…“, der Spitz-Wegerich (Typ Heiler), den Feder als Apotheke am Wegesrand nutzt, und der Aronstab (Typ Giftzahn), der mit einer Art Kesselfalle Insekten als Kurzzeit-Geiseln nimmt usw. Nicht immer sind die ganzen Vergleiche super schlüssig, unterhaltend sind sie allemal.

Sparsame Bilder

Fast alle Artenbeschreibungen sind mit den Feder-Buch-typischen kreisrunden Fotos bestückt. Allerdings sind diese Bilder oft so klein und unspezifisch geraten, dass sie nicht dazu taugen, die Pflanze in der Natur zu identifizieren.

Fazit

Feders Typenlehre ist ein Spaß und durch seine originelle Herangehensweise ein Lustmacher auf das Draußensein! Fantasieanregend und ermutigend, selber loszuziehen, genauer hinzusehen, und den Typen vielleicht weitere Pflanzen zuzuordnen oder aber ganz neue Typen zu finden. Klassiker wie Gänseblümchen, Giersch und Löwenzahn sind übrigens nicht typisiert. Da kann der Leser dann selber mal ran.

 

Mehr über Jürgen Feder findet ihr in diesem Porträt: „Jürgen Feder – Extrembotaniker und Grashüpfer im Glück“


„Von Diven, Dränglern und fleißigen Lieschen – Feders Charakterkunde der Pflanzen“ von Jürgen Feder, erschienen am 16. April 2019 im Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert